Alltagshelfer

Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die langfristig Gutes bewirken können. Lösungen müssen nicht immer große Kraftanstrengungen bedeuten, sondern dürfen klein und einfach beginnen. Oft entwickeln sie dann eine ganz eigene, positive Dynamik mit überraschender Wirkung.
Hier möchte ich mit Ihnen Tipps, Spieleideen und Anregungen teilen, die sich ganz einfach in den Alltag mit Ihrem Kind integrieren lassen.

Uno statt Handy

In seinem klugen Buch "Was ich gelernt habe" beschreibt John Strelecky eine typische Situation: "Heutzutage ist es für uns und unsere Kinder so selbstverständlich, sich mit dem Handy oder Tablet zu beschäftigen. Besonders in Momenten zwischendurch, etwa wenn wir in einem Restaurant darauf warten, dass wir bestellen können, oder bevor das Essen kommt. Kurzfristig befriedigen die elektronischen Geräte die Sehnsucht unseres Gehirns nach einer schnellen Dopamindosis. Langfristig kommt es allerdings zu einer ziemlichen Leere. Es entsteht keine gemeinsame Erfahrung. Nichts, woran sich irgendjemand erinnern wird."

Wahrscheinlich werden Ihre Kinder, gerade, wenn Sie bisher das Handy in Wartesituationen akzeptiert haben, keine Lust auf ein Spiel haben. Aber es lohnt sich, Uno, MauMau, ein Quartett oder Quiz dabei zu haben und immer wieder anzubieten. Irgendwann werden Ihre Kinder ja sagen. Damit schaffen Sie gemeinsame Erlebnisse und Erinnerungen, die sich langfristig positiv auf den Familienzusammenhalt und die Entwicklung Ihrer Kinder auswirken.

Signalkarten – dann klappt's besser mit den Hausaufgaben

Kann Ihr Kind sich schlecht bei den Hausaufgaben konzentrieren? Geht es nur langsam voran? Braucht Ihr Kind gefühlt ewig, um überhaupt anzufangen? Hier sind Strategie und Struktur gefragt!

In meiner Therapiearbeit verwende ich gern die Signalkarten von Manfred Döpfner aus der THOP. Das ist eine erprobte Verhaltenstherapie für Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen und oppositionellen Verhaltensstörungen. Die 5 Signalkarten dienen der Selbstinstruktion und helfen Ihrem Kind, wie es eine Aufgabe Schritt für Schritt lösen kann. Die 5 Schritte sind folgende:

  • Stopp, was soll ich tun?
  • Wie ist mein Plan?
  • Sorgfältig Schritt für Schritt zum Ziel!
  • Stopp, überprüfen!
  • Prima!  (Dieser letzte Schritt dient dem wichtigen Selbstlob.)


Kinder erfahren durch diese Vorgehenweise, wie sie strukturiert an einer Aufgabe arbeiten können und fühlen sich statt hilflos selbstwirksam. Das ist sehr wichtig für Selbstvertrauen und Motivation.

Meine Therapiekinder nehmen die Karten auch gern mit in die Schule für Klassenarbeiten (nach vorheriger Absprache mit den Lehrern). Kinder mit Lernschwierigkeiten fühlen sich viel mehr als andere unter Leistungsdruck und Versagensangst blockiert. Hier können die Signalkarten helfen, den Anfang zu finden, überhastetes Arbeiten zu verhindern und die letzte Kontrolle nicht zu vergessen.

Vielleicht hat Ihr Kind ja Lust, sich eigene Karten mit diesen 5 Schritten zu erstellen. Einfach aus Karton 5 Karten ausschneiden, die 5 Schritte jeweils leserlich darauf schreiben und mit bunten Bildern oder vielleicht sogar mit einem kleinen Comic bemalen.

Nachteilsausgleich:
Reden Sie mit den Lehrern!

Neulich saß ich in einer Klassenkonferenz, in der es um den Nachteilsausgleich für mehrere Kinder ging. Zufällig kannte ich ein betroffenes Kind und wusste, dass dieses Kind in der Vergangenheit Nachilfe wie auch Lerntherapie erhalten hatte. Aus persönlichen Gründen konnten die Eltern aber diese Unterstützung nicht weiterführen.

Die Lehrkräfte wussten davon nichts, weil die Eltern das nie kommuniziert hatten, und wollten den Antrag ablehnen, da aus ihrer Sicht von Eltern- und Kindesseite ja nichts unternommen würde, um an der LRS zu arbeiten. Einen Nachteilsausgleich "aus Bequemlichkeit" würden sie nicht gewähren.

Nachdem ich richtigstellen konnte, dass Kind und Eltern in der Vergangenheit schon aktiv waren, änderte sich die Meinung der Lehrkräfte und der Klassenlehrer wollte mit den Eltern Rücksprache halten, um den Nachteilsausgleich gewähren zu können.

Fazit: Sprechen Sie mit den Lehrkräften, sagen sie ihnen, wenn Nachhilfe, Lerntherapie oder Testungen erfolgt sind. Nach meiner Erfahrung wissen Lehrkräfte diese Bemühungen zu schätzen, freuen sich über jegliche Unterstützung, die den Kindern zuteil wird, und sind gern bereit, ihren Beitrag zu leisten!

Pause im Kopf

Montag Ballett, Dienstag Gitarrenkurs, Mittwoch Rope Skipping, Donnerstag Ballett, Freitag Nachhilfe. Dazwischen Schule, Hausaufgaben, für Arbeiten lernen und vielleicht mal eine Freundin besuchen. Am Wochenende lernen, Oma und Opa besuchen, Sportwettbewerbe etc. Kinder sind heutzutage viel beschäftigt.

Und wo bleibt die Zeit zum Träumen?

Ich habe als Kind und Teenager ganze Nachmittage Musik hörend und träumend in meinem Zimmer verbracht. Niemand nötigte mich, mich zu verabreden, ein Hobby auszuüben, Kurse zu belegen, ständig per Smartphone erreichbar zu sein. Ok, wir hatten noch keine Smartphones. :-)

In unserer leistungsorientierten Gesellschaft ist Nichtstun verpönt. Wer nicht interessante Hobbys und viele Verabredungen hat, gehört nicht dazu. Auch Eltern können sich nur schwer diesem unausgesprochenen Zwang entziehen und beschäftigen und verabreden ihre Kinder in wohlmeinender Absicht pausenlos.

Dabei hat die moderne Hirnforschung festgestellt, dass unser Gehirn Ruhepausen braucht, um sich zu sortieren, Informationen zu verknüpfen und langfristig abzuspeichern und neue Verbindungen zu erstellen. Man kann sogar sichtbar machen, dass beim ziellosen Nichtstun manche Hirnbereiche stärker aktiv sind als beim zielgerichteten Denken. Ich zitiere aus einem Artikel aus dem Heft GEO Wissen zum Thema Kreativität Nr. 72: "Das Gehirn geht in sich selbst spazieren. Und dabei kann es nicht nur intern für Ordnung sorgen, sondern auch frische Verbindungen zwischen Nervenzellen knüpfen und neue Zusammenhänge zwischen gespeicherten Fakten herstellen."

Neben diesem eher für das akademische Lernen vorteilhaften Aspekt wird noch ein weiterer erwähnt, den ich für besonders wichtig halte. Studien belegen einen Zusammenhang zwischen ausreichend Zeiten des Nichtstuns und dem Ich-Bewusstsein: "Offenbar versichern wir uns im Leerlauf unserer Geschichte und eigenen Identität und legen so erst die Grundlage für unser Selbstgefühl." Das ist gerade für Kinder, die ja noch mitten im Prozess der Selbstentwicklung stecken, immens wichtig. Um eine gefestigte Persönlichkeit, eine eigene Identität und Selbstbewusstsein zu entwickeln, scheinen Phasen der Träumerei wichtig zu sein.

Also, lassen wir unseren Kindern Zeit, einfach mal nichts zu tun. Damit sind die nämlich ganz schön sinnvoll beschäftigt!

Informieren, vernetzen, verstehen

Eine der großen Schwierigkeiten bei Eltern und Kindern, wenn das Thema LRS (Lese-Rechtschreib-Schwäche) oder Legasthenie und/oder Dyskalkulie aufkommt, ist zu verstehen, was da eigentlich los ist. Wieso kann mein Kind schlecht lesen? Warum kann mein Kind nicht
12 - 5 rechnen? Wieso braucht mein Kind für die Hausaufgaben länger als alle anderen? Warum weigert sich mein Kind zu lesen?

Niemand muss mit diesen Fragen allein sein!

Gerade zu Anfang der Reise zu mehr Selbstwirksamkeit ist es eine große Hilfe, sich mit Menschen zu vernetzen, die diese Reise schon hinter sich haben und ihre Erfahrungen gerne teilen. Die zumindest manche Hintergründe erklären können und praktische Tipps parat haben. Eine erste Anlaufstelle ist zum Beispiel der BVL (Bundesverband Legasthenie & Dyskalkulie e.V.). Es gibt offene, kostenlose Sprechstunden, hilfreiche Elternseminare, umfangreiches Informationsmaterial (z.B. zum Thema Nachteilsausgleich, Fördermöglichkeiten, LRS bei Erwachsenen), einen Therapeutenliste und hilfreiche Links.

Erfolgreiche Weltumsegler, Fahrrad-Globetrotter oder Weitwanderer haben alle mit einem Team an der Seite ihre Reise begonnen. Machen Sie dasselbe gemeinsam mit Ihrem Kind, holen Sie sich ein Team an die Seite!